Veranstaltung: | 2. Landesmitgliederversammlung 2016 |
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Tagesordnungspunkt: | 3. Leitanträge |
Antragsteller*in: | Landesmitgliederversammlung (dort beschlossen am: 31.10.2016) |
Status: | Angenommen |
Beschlossen am: | 31.10.2016 |
Eingereicht: | 02.11.2016, 01:25 |
Antragshistorie: | Version 1 |
L1neu: Visionen wagen – mit R2G in Sachsen.
Text
In Deutschland im Jahr 2016 leben wir in einem oberflächlich betrachtet sehr
erfolgreichen Land.Deutschland exportiert mehr, als es importiert, es ist
gestärkt aus der Finanzkrise herausgegangen, der Finanzminister konnte sogar die
Schwarze Null durchsetzenund irgendwie hat Deutschland auch den Atomausstieg
eingeleitet.
Doch um zu begreifen, wie tief unsere Gesellschaft gespalten ist, muss mensch
gar nicht so tief nach Problemen forschen. Den Erfolg hat sich das Land auch
durch eine Steigerung der Leiharbeit im Land und niedrige Löhne erkauft. Die
Schere zwischen arm und reich klafft immer weiter auseinander und der
Bildungserfolg hängt zum erheblichen Teil vom Elternhaus der Kinder ab.
Wirkliche Inklusion ist nach wie vor ein Wunschtraum. Die Anerkennung
unterschiedlicher Lebensmodelle wird von der Union nach wie vor blockiert. In
Deutschland wird nach wie vor an der Braunkohleverstromung festgehalten und die
Energiewende blockiert. Aufgrund von grassierendem Rassismus bis tief in die
Mitte der Gesellschaft hinein, können Menschen, die bei uns Schutz suchen, sich
hier nicht überall sicher fühlen.Viele der Erneuerungen, die unser Leben besser
machen, können durch die Blockadehaltung der CDU nicht verwirklicht werden. Wir
sagen: Es ist Zeit endlich linke Utopien zu leben und die Weichen für eine
gerechte, ökologische und weltoffene Gesellschaft zu stellen. Das funktioniert
nur mit einem progressiven Bündnis aus SPD, GRÜNEN und der Partei DIE LINKE.
Sachsen ist eines der wenigen Bundesländer in Deutschland, in denen noch
Braunkohle abgebaut wird. Viele Dörfer sind den Baggern schon zum Opfer
gefallen, die Folgen des Abbaus sind in derdurch Eisenoxid braun gefärbten
Spreedeutlich zu sehen. Der Versuch, die zerstörte Umgebung durch Renaturierung
und das Anlegen von künstlichen Seen wieder zu heilen, ist ein guter Anfang. Die
Zerstörung der Biotope ist jedoch nicht mehr rückgängig zu machen und es zeigen
sich aufgrund des niedrigen PH-Werts im Wasser und anderen Rückständen aus der
Abbauzeit viele Probleme beim Umgang mit den zerstörten Landschaften. Doch nicht
nur der Abbau sondern auch die Braunkohleverstromung hat katastrophale
Folgen.Viele Millionen Tonnen CO^2 werden täglich auf der Welt ausgestoßen. Die
Polkappen schmelzen immer rasanter, der Meeresspiegel steigt.Die
Industriestaaten sind mit ihrem rücksichtslosen, auf möglichst viel Wachstum
ausgelegten Wirtschaften für den Klimawandel verantwortlich. Das empfindliche
Ökosystem der Erde ist schon heute gestört. Spezialisierte Flora und Fauna in
den Thundren oder den großen Riffen dieser Welt droht schneller Auszusterben,
als unser Jahrhundert vorbei ist. Klimaflucht, ob ausgelöst durch die
tatsächliche Vernichtung des Lebensraums, wie beispielsweise auf den
polynesischen Inseln, oder durch Bürgerkriege, wo der Klimawandel als
Katalysator wirkt wie z.B. in Syrien, ist längst Realität. Wir wollen nicht
zulassen, dass der Klimawandel unsere Welt zerstört!
Deshalb sagen wir laut und deutlich: KEEP IT IN THE GROUND - Lasst die Kohle im
Boden! Kohleverstromung ist eine längst veraltete Form der Energiegewinnung,
welche zudem auch noch höchst ineffizient ist. Statt schmutziger Kohleverpestung
wollen wir eine dezentrale und bürger*innennahe Energiewende anstoßen. Wir
wollen Kommunen und Gemeinschaften ermutigen, vor Ort ihr eigenes Windrad
aufzustellen oder das Dach der örtlichen Schule mit einem Solarpanel zu
bestücken. Dafür braucht es Förderung und auch die Zusage einer langfristigen
Einspeisegarantie. Wir wollen eine Energiewende, die umweltverträglich gestaltet
wird.Besonders in geschützten Gebieten müssen Risiken für die Biotope genau
analysiert und sorgfältig abgewogen werden. Zudem wollen wir vor allem in den
Gebieten, in denen durch das Ende der Kohle viele Arbeitsplätze wegfallen,
vermehrt auf den Ausbau von erneuerbaren Energien setzen und den Menschen von
vor Ort eine Perspektive geben. Denn klar ist: Eine echte Energiewende schaffen
wir nur gemeinsam.
Wir setzen uns für eine moderne, nachhaltige und sozial gerechte
Mobilitätspolitik ein. Gehen und Radfahren sind die ökologisch nachhaltigsten
Fortbewegungsarten und müssen künftig mehr Aufmerksamkeit erhalten als bisher.
Insbesondere der ländliche Raum muss stärker vernetzt und an die Städte
angebunden werden, beispielsweise durch die Errichtung von Fahrradwegen an allen
Bundes- und Staatsstraßen sowie an stark frequentierten überörtlichen
Verkehrswegen. Es darf dabei nicht sein, dass sich die Struktur von Fahrradwegen
allein an bestehender Infrastruktur orientiert. So kann das Fahrrad auch für den
überörtlichen und regionalen Verkehr ein attraktives Fortbewegungsmittel werden.
Wir fordern eine progressive Fuß- und Radverkehrspolitik. Statt weiteren
Einschnitten und Streckenstilllegungen fordern wir einen Ausbau des
Schienennetzes sowie des Öffentlichen Personennahverkehrs mit einer
solidarischen Finanzierung. Wir wollen die ländlichen Räume nicht allein lassen,
sondern sie endlich wieder an das Verkehrsnetz anbinden. Wir wollen weg von der
autozentrierten Verkehrspolitik und hin zu einer ökologischen und sozialen
Mobilität für alle.
Unsere Zukunft von morgen beginnt mit unserem Handeln von heute. Diese
Erkenntnis muss das politische Wirken künftiger Bundes- und Staatsregierungen
bestimmen. Umweltschutz ist für uns als GRÜNE JUGEND ein fundamentales Anliegen.
Wir fordern einen konsequenten Umweltschutz – ob in der Stadt oder auf dem Land.
Der Stopp der Flächenversiegelung und ein ökologisch verträglicher
Hochwasserschutz gehören ebenso dazu wie der Schutz von Wäldern und Bäumen vor
unüberlegter Abholzung. Von besonderer Bedeutung ist dabei der materielle
Umweltschutz. Der Luftverschmutzung, welche gerade in den großen Städten
Leipzig, Dresden und Chemnitz ein Problem ist, muss entschieden entgegen gewirkt
werden. Dafür ist ein beschleunigter Ausstieg aus der Kohleverstromung ebenso
notwendig wie die Reduzierung des motorisierten Individualverkehrs sowie die
Aufforstung sächsischer und bundesdeutscher Wälder. Die Bedeutung des Schutzes
von Flüssen, Seen und Grundwasservorräten muss endlich eine stärkere Beachtung
in Politik und Gesellschaft finden. Wir wollen die Verunreinigung von Böden und
Gewässern durch Chemikalien, die besonders in der Landwirtschaft Einsatz finden
erheblich reduzieren und fordern ein Verbot der Aufbringung von Herbiziden und
Pestiziden, insbesonderer von solchen, die im Verdacht stehen, hochgradig
krebserregend (z.B. Glyphosat) oder für das sogenannte "Bienensterben"
verantwortlich zu sein. Der zunehmenden Nitratbelastung sächsischer Böden muss
durch die Verminderung des Gülleauftrags entgegengewirkt werden. Die Aufforstung
von Wäldern und die Erhaltung und Erneuerung von Baumgrenzen um Felder schützen
vor massiver Bodenerosion. Insbesondere die SPD muss sich in diesem Bereich
deutlich bewegen.
Tierschutz muss gestärkt werden. Die staatliche Aufgabe Tierschutz ist bereits
im Grundgesetz verankert. Wir wollen nun Defizite bei der Umsetzung von
geltendem Recht zu Lasten der Tiere beheben. Jedes Jahr werden in Deutschland
mehrere Millionen Tiere getötet. Jede*r Deutsche isst jährlich bis zu 60kg
Fleisch. Dieser enorme Fleischkonsum birgt sehr viele Gefahren und Risiken,
nicht nur für die menschliche Gesundheit. Der hohe Konsum hat eine
Massentierhaltung zur Folge, die keine Rücksicht auf die Bedürfnisse von Tieren,
die Umwelt und den Menschen nimmt. Billiges Fleisch nimmt millionenfaches
Tierleid in der Massentierhaltung in Kauf. Dabei prägen unsere
Konsumentscheidungen die Welt. So führen importierte Futtermittel zur Abholzung
von Wäldern in den Tropen, Antibiotika als Futtermittelzusätze haben zur Bildung
von multiresistenten Bakterienstämmen geführt und Fleischkonsum ist eine der
wichtigsten Quellen für menschengemachte Treibhausgase. Tiere an Haltungssysteme
anzupassen, in denen Schweinen ohne Betäubung der Ringelschwanz und Hühnern
qualvoll die Schnabelspitze entfernt werden, muss umgehend gestoppt werden. Wir
müssen endlich aufhören, Tiere auf engstem Raum zusammenzupferchen. Wir als
GRÜNE JUGEND fordern, Tiere endlich als Mitlebewesen anzuerkennen und ihre
Bedürfnisse zu achten. Wir fordern den umgehenden Ausstieg und den Stop der
Subventionierung der Massentierhaltung, um Tiere und Lebensräume konsequent zu
schützen.
Weiterhin fordern wir, dass nur noch Zirkusbetriebe ohne Tiereauftreten dürfen.
Das Mitführen von Tieren im Zirkus zu Schau- und Dressurzwecken wird längst
nicht nur von Tierschützer*innen kritisiert. In mehreren Ländern wie Österreich,
Schweiz oder Ungarn sind Wildtiere in Zirkusbetrieben bereits ganz oder
teilweise verboten. Die Haltungsbedingungen für Wildtiere sind anspruchsvoll.
Die Voraussetzungen für eine artgerechte Haltung können in keinem Fall
eingehalten werden. Viele Menschen erfreuen sich der Zurschaustellung von
Künstler*innen, Akrobat*innen und Clowns. Dass hierfür Tiere zur Schau gestellt
und unter beengten und nicht artgerechten Bedingungen leben müssen, ist ethisch
nicht vertretbar.Wir fordern daher, das Mitführen von Tier en in Zirkusbetrieben
zu verbieten und Mindeststandards für die Wildtierhaltung drastisch zu erhöhen.
Herzversagen, Knochenbrüche und Stürze stehen an der Tagesordnung auf
Pferderennbahnen. Hierbei wird systematisch gegen geltendes Tierschutzgesetz
verstoßen, denn es ist verboten Tieren Leistungen abzuverlangen, denen sie nicht
gewachsen sind. Das Wohl der Pferde steht oftmals nur im Hintergrund. Es gehört
zum Trainingsalltag die Tiere mit Peitschen, Scheuklappen, Ohrstöpseln und dem
Einsatz von Zungenbändern gefügig zu machen.Auch beim Einsatz und der Ausbildung
von Pferden zu polizeilichen Zwecken kommt es zu teilweise lebensgefährlichen
Unfällen für Mensch und Tier. Pferde sind von Natur aus Fluchttiere. Über einen
brennenden Busch zu springen, große Menschenansammlungen und Knallgeräusche zu
ertragen, sind Extremsituationen für die Tiere und setzen sie unter extremen
Stress. Um diese natürlichen Instinkte abzutrainieren werden nicht selten
äußerst gewaltsame Mittel eingesetzt. Auch bei bereits ausgebildeten Pferden
kann der natürliche Fluchtinstinkt nicht komplett ausgeschlossen werden. So
führen Einsätze der berittenen Polizei immer wieder zu Unfällen, da die Pferde
den Bedingungen nicht gewachsen sind und im Notfall nicht kontrolliert werden
können. Die Pferderennbahen in Dresden und Leipzig müssen geschlossen werden.
Weiterhin fordern wir die Abschaffung der berittenen Polizei.
In Deutschland läuft vieles falsch. Die Schere zwischen Arm und Reich klafft
immer weiter auseinander. Wir sind der Ansicht, dass eine solidarische
Gesellschaft davon lebt, dass alle das geben, was sie können. Menschen die
vermögender sind, müssen ihren Teil zum Funktionieren einer Gesamtgesellschaft
beitragen. Solidarität bedeutet auch Verteilungsgerechtigkeit. Deshalb setzen
wir uns für die Einführung einer Vermögenssteuer ein und einer Erbschaftssteuer,
die diesen Namen verdient. Wir fordern Geschlechtergerechtigkeit. Überwiegend
von Frauen* ausgeübte Berufe müssen aufgewertet werden. Sie arbeiten
überdurchschnittlich oft im Niedriglohnsektor und haben so später oft nur eine
geringe oder nicht ausreichende Rente.Das Ehegattensplitting befördert tradierte
Rollenbilder. Es kann nicht sein, dass es eine staatliche Förderung für eine
bestimmte Form der Lebensplanung gibt. Das Ehegattensplitting gehört daher
abgeschafft. Wir setzen uns für ein solidarisch finanziertes Rentensystem ein,
anstatt auf private Altersvorsorge zu setzen.
Sachsen ist das wirtschaftlich erfolgreichste Bundesland im Osten Deutschlands.
Hier haben sich mehr Unternehmen als im Rest der ehemaligen DDR angesiedelt.
Doch das verhältnismäßig hohe Wachstum haben wir in Sachsen auch durch einen
extrem großen Niedriglohnsektor, weit verbreitete Leiharbeit und die Ausbeutung
vor allem auch in der Care-Arbeit bezahlt. Dies trägt dazu bei, dass auch in
Sachsen das Lohnniveau noch immer unter dem der alten Bundesländer liegt. Viele
Menschen können ihren Lebensunterhalt durch einen Job allein nicht mehr sichern.
Die harten Arbeitsmarktbedingungen und eine nicht selbstverständliche
Gewerkschaftskultur bringen das Verhältnis von Arbeitnehmenden und
Arbeitgebenden in eine ungleich gewichtete Lage.Gerade linke Politik hat die
Aufgabe, sich für die sozialen Belange von Arbeiter*innen einzusetzen. Wir
wollen daher nicht zulassen, dass Menschen sich weiterhin ausbeuten lassen
müssen, um ihren Lebensunterhalt zu sichern. Jeder Mensch hat das Recht auf gute
Arbeit, aber ebenso das Recht, ohne Erwerbstätigkeitein selbstbestimmtes Leben
ohne Diskriminierung führen zu können. Auch ehrenamtliche Arbeit hat einen
großen Wert für unsere Gesellschaft. Wir wollen, dass Care-Arbeit, also
Pflegeberufe oder die Arbeit als Erzieher*innen, besser honoriert wird.
Die Misere mit der Bildungspolitik hat in Sachsen eine lange Tradition. Wir
mögen in der PISA Studie gut abschneiden, doch an politischer Bildung und
Strukturen, in denen gemeinsam gut gelernt werden kann, fehlt es. Nirgendwo
besuchen so viele Kinder die Förderschule wie in Sachsen. Das ist ein
Armutszeugnis für dieses Schulsystem. Wir wollen eine Schule, in der alle Kinder
gemeinsam mit ihren unterschiedlichen Fähigkeiten lernen und auch voneinander
lernen können. Die Gemeinschaftsschule ist keine Utopie. Sie wird an vielen
Freien Schulen schon längst gelebt. Wir wollen eine differenzierte Betreuung der
Schüler*innen, statteine Aussortierung nach der vierten Klasse. Das Gymnasium
wollen wir abschaffen. Wir wollen, dass die UN-Behindertenrechtskonvention
endlich auch in Sachsen umgesetzt wird. Individuelle Betreuung braucht Zeit und
Personal. Jedoch herrscht durch den Altersanstieg und einer komplett verfehlten
Personalpolitik der Staatsregierungen der letzten 25 Jahre ein eklatanter
Lehrkräftemangel. Es gilt den Lehrer*innenberuf in Sachsen wieder beliebt zu
machen. Allerdings ist nicht nur eine Erhöhung der Lehrendenkapazitäten wichtig.
Insbesondere die Ausbildung im pädagogischen und sonderpädagogischen Bereich
muss stärker fokussiert werden, um alle Schüler*innen mitzunehmen.
Wir wollen eine umfangreichere politische Bildung an sächsischen Schulen. Der
derzeitige Politikunterricht ist vor allem eines: Dröge und langweilig. Schule
ist nämlich politischer Raum. Wir setzen uns dafür ein, dass das Einladen von
verschiedenen gesellschaftlichen und politischen Initiativen in Schulen keine
Ausnahme mehr bleibt. Diskussionen von Politiker*innen verschiedener Parteienvor
Ort in Schulen finden viel zu selten statt.Aktuell sind Hochschulen in Sachsen
möglichst politikfreie Räume.Daher setzen wir uns auch an den Hochschulen für
mehr direkte Teilhabe der Studierenden und einen gelebten politischen DIskurs
ein.
Und wir fordern die Einführung des Wahlrechtsab 14 auf Bundes- und Landesebene.
Das Argument, dass Menschen erst mit 18 Jahren fähig wären, ihre
Wahlentscheidung vollends zu umfassen, ist längst nicht mehr zeitgemäß. Junge
Menschen müssen heute unglaublich viele schwierige Entscheidungen treffen, bevor
sie volljährig werden,manchmal sogar bereits die Wahl des Studiengangs. Wir sind
uns im Klaren, dass Altersbeschränkungen immer willkürlich sind und nie der
Entwicklungsstufe des Einzelnen gerecht werden können. Wir sind jedoch der
Überzeugung, dass junge Menschen mit der Vollendung des 14. Lebensjahres die
nötige Reife besitzen, sich selbstständig und reflektiert eine politische
Meinung zu bilden. Dieser sollte Gehör verschafft werden. Mit dem 14. Lebensjahr
haben die Schüler*innen jedoch gerade das Wissen über die Funktionsweise unserer
parlamentarischen Demokratie erlernt. Wir glauben, Beteiligung ist der beste
Weg, um für Demokratie zu begeistern. Denn die Stimme jede*r Einzelnen zählt.
Wir erleben aktuell eine Unzufriedenheit mit dem parlamentarischen System in
seiner jetzigen Ausprägung. Dabei ist es keineswegs so, dass sich Menschen nicht
mehr für Politik begeistern. Gerade die Jugend in Deutschland und Europa ist so
politisch, wie lange nicht mehr. Dass sie ihr Engagement jedoch vor allem
außerhalb des parlamentarischen Systems einsetzen, muss uns auffordern, über
neue Wege von Beteiligung und über Veränderung zu diskutieren. Auch die
Verbindungen zu Bewegungen und Zivilgesellschaft müssen wir immer wieder neu
knüpfen. Es ist wichtig, mehr Mitbestimmungsrechte gerade vor Ort zu fördern und
echte Beteiligung nicht als notwendiges Übel, sondern als bereicherndes Element
zu begreifen. Nur so schaffen wir die Motivation für das Mitwirken an einer
lebendigen Demokratie.
Wir wollen die Privatsphäre der Menschen schützen. Denn Datenschutz ist
Bürger*innenrecht. Die wachsende Angst vor terroristischen Anschlägen führt
immer wieder zu Forderungen nach einer massiven Ausweitung von Überwachung, wie
der Vorratsdatenspeicherung oder einem verstärkten Zugriff auf die Online-Daten
von Privatpersonen. Dabei wurde jedoch immer wieder deutlich, dass es keineswegs
am Zugang zu Daten fehlt. Gerade mit Blick auf den NSU kommt mensch vielmehr zu
dem Schluss, dass die Zusammenarbeit von Polizei und Verfassungsschutz an der
Intransparenz des Verfassungsschutzes gescheitert ist. Der Verfassungsschutz hat
mit seiner V-Leute-Praxis bisher nicht zur Aufklärung von Straftaten
beigetragen. Vielmehr war die Terrorzelle des NSU jahrelang von V-Leuten
umstellt, ohne dass sie bei ihrem Morden gestoppt worden wäre. Gleichzeitig
werden antifaschistische Strukturen als vermeintlich „linksextrem“ willkürlich
überwacht.Wir wollen die Sicherheitsbehörden unter eine verbesserte
parlamentarische Kontrolle stellen.Wir fordern die Abschaffung der V-Leute
Praxis und die Auflösung des Verfassungsschutzes in seiner jetzigen Form sowie
eine generelle Neustrukturierung der Sicherheitsarchitektur in Sachsen und
Deutschland. Wir werden die Freiheit nicht einer maßlosen Überwachung
opfern.Zudem erleben wir gerade in Sachsen eine massive Kriminalisierung von
antirassistischem Protest durch Polizei und Versammlungsbehörde und teils
heftige Polizeigewalt auf Demonstrationen. Wir fordern eine verstärkte Ahndung
von Polizeigewalt und eine verbesserte Fehlerkultur innerhalb der Polizei. Zudem
fordern wir eine Verstärkung der demokratischen Bildung in der
Polizeiausbildung.
PEGIDA, deren zahlreiche Ableger und die AfD haben es geschafft, den
gesellschaftlichen Diskurs massiv nach rechts zu rücken. Die Aushöhlung des
Asylrechts wurde weiter voran getrieben, immer wieder wurde und wird betont,
dass Integration von Menschen, die hier leben wollten, eine Pflicht sei. Doch
was eigentlich gemeint ist, ist nicht Integration, sondern Assimilation.Von
Menschen, die zu uns kommen, wird verlangt, dass sie bessere Menschen sind, als
die, die hier geboren wurden. Anstatt Pluralität als Gewinn für die Gesellschaft
zu schätzen, wird die Einhaltung „unserer Werte“ eingefordert, obwohl nicht klar
ist, was diese Werte überhaupt sein sollen. Der Feminismus gehört, sieht mensch
sich die Zahl sexueller Belästigungen auf dem Oktoberfest an, sicher nicht dazu.
Dass Nationalismus schon immer gerade in Krisenzeiten Fuß fassen konnte, ist
keine neue Erkenntnis. Die Schnelligkeit und Arglosigkeit, mit der im Moment
Ideologien der Ungleichwertigkeit wieder Fuß fassen, muss uns jedoch tief
beunruhigen.Es ist klar: Wir streiten für eine progressivere Gesellschaft, die
Menschen unterschiedlicher Herkunft, Hautfarbe, Geschlechts oder Überzeugungen
achtet. Wir ziehen dabei keine Grenzen zwischen Menschen, die seit längerem hier
leben, und denen, die neu hierher kommen. Gerade, dass wir unterschiedliche
Ziele und Vorstellungen vom Leben haben, macht die Stärke unserer pluralen
Gesellschaft aus. Ob ein Mensch Mitglied unserer Gesellschaft ist, bestimmt
nicht seine Vorliebe für Bier und Leberwurst. Wir stellen uns denen konsequent
entgegen, die in der Verbreitung von Ideologien der Ungleichwertigkeit eine
Lösung für gesellschaftliche Probleme sehen.
Deutschland stellt mit dem Erstarken der AfD als konstante Kraft rechts der CDU
keinen Einzelfall dar, sondern folgt einem europaweiten Trend. Die Finanzkrise
und der stetig wachsende Unterschied zwischen den finanzstärkeren und
finanzschwächeren Ländern in der Europäischen Union sowie das harte Spardiktat,
das vor allem von Deutschland durchgesetzt wurde, hat auch den Nährboden für
eine breite Unzufriedenheit bereitet. Es ist klar, dass wir eine andere Politik
in Europa brauchen, die sich durch mehr Solidarität, durch eine bessere
politische Legitimation und durch mehr Transparenz und Beteiligungsmöglichkeiten
der EU Bürger*innen auszeichnet. Doch wo anfangen, wenn die Solidarität bei der
grundlegenden Gewährleistung von Menschenrechten scheitert? Mit den Konflikten
in Syrien und im Nahen Osten sind so viele Menschen wie lange nicht mehr
gezwungen, ihren Wohnort und sogar ihr Land zu verlassen. Dass Menschen auch in
Europa Schutz suchen würden, war keine Situation, die über Nacht über uns
hereinbrach. Die EU hat in ihrer humanitären Pflicht, Schutzsuchenden Asyl zu
gewähren, in ihrer Gesamtheit versagt. Statt die Rettungsaktion Mare Nostrum
auszuweiten, wurde der „Grenzschutz“durch die Stärkung der Grenzschutzbehörde
Frontex erheblich ausgeweitet. Griechenland und Italien wurden mit der Ankunft
der Menschen allein gelassen, stattdessen sind sich die Staaten der EU nach den
langen und erfolglosen Verhandlung von Verteilungsschlüsseln lediglich darüber
einig, wie wichtig der „Schutz unserer Grenzen“ sei -so einig, dass Deals mit
der Türkei geschlossen wurden und schon mal unter den Tisch fallen gelassen
wird, dass dieses Land schon längst keine Demokratie mehr ist.Wir fordern den
Stopp einer weiteren Abgrenzung Europas. Wenn dieses großartige Projekt gelingen
soll, können wir den Grundsatz der Solidarität und die Achtung der Genfer
Konventionen nicht einfach an seinen Toren aufgeben. Wir fordern die Aufhebung
der massiven Einschränkungen im Asylrecht (z.B. das Konstruktder„Sicheren
Herkunftsstaaten“ sowie des Stopps des Familiennachzugs und der Residenzpflicht.
Wir wollen mehr als nur den Status quo erhalten. Er ist Teil der Manifestierung
des Nationalismusproblems.So wie Menschen derzeit gegeneinander ausgespielt
werden, die Ungleichverteilung des Vermögens immer mehr zunimmt und unsere
Umwelt durch unsere Rücksichtslosigkeit weiter zerstört wird, kann es nicht
weitergehen. Wir werden die Veränderung nicht den reaktionären Kräften
überlassen. Wir wollen endlich etwas dafür tun, dass unsere Visionen von einer
weltoffenen, ökologischen und solidarischen Gesellschaft Wirklichkeit werden.
Das schaffen wir nur, indem wir die CDU endlich in die Opposition schicken und
gemeinsam mit der LINKEN und der SPD einen Wandel wagen. Mit der Vernetzung von
GRÜNE JUGEND, Jusos und Linksjugend wollen wir unseren Beitrag als
Jugendverbände zur gemeinsamen Umsetzung der oben genannten Ziele leisten.
Begründung
Die Begründung erfolgt mündlich.