Veranstaltung: | 2. Landesmitgliederversammlung 2016 |
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Tagesordnungspunkt: | 5. Verschiedene Anträge |
Antragsteller*in: | Landesvorstand GRÜNE JUGEND Sachsen (dort beschlossen am: 26.10.2016) |
Status: | Angenommen |
Beschlossen am: | 31.10.2016 |
Eingereicht: | 26.10.2016, 12:21 |
V1: Bienvenido canis lupus – Willkommen Wolf
Antragstext
Der Wolf kehrt zurück. Das ist Realität. Überall in Deutschland streift er
inzwischen wieder durch die Wälder, ganze Rudel haben ihren Nachwuchs längst
hier aufgezogen.
Vor allem aus Osteuropa wanderte der Wolf in den letzten Jahren kontinuierlich
wieder ein, fast 150 Jahre nach seiner vollständigen Ausrottung in Deutschland.
Der Wolf ist in Europa heimisch. Er ist keine eingewanderte Art. Wie Luchs und
Wildkatze wurde er im letzten Jahrhundert durch die massive Bejagung durch den
Menschen und die Verdrängung aus seinem Lebensraum vollständig ausgerottet.
Wölfe leben in Rudeln von fünf bis zehn Tieren, die sich vor allem aus
Elterntieren, den Welpen, sowie den älteren Jungtieren, den sogenannten
Jährlingen zusammensetzen. Einzeltiere unternehmen weite Wanderungen und legen
bis zu 80 km pro Tag zurück.
Der Wolf ist ein Jäger und Fleischfresser. Er ist dabei nicht wählerisch.
Bevorzugte Beutetiere sind mittelgroße bis große wildlebende Huftiere, jedoch
kann der Speiseplan, je nach Angebot stark variieren. In stark vom Menschen
dominierten Gebieten, kommt es auch immer wieder vor, dass Wölfe Nutztiere
reißen.
Gegenüber dem Menschen verhält sich der Wolf sehr zurückhaltend. Wer einen Wolf
zu Sicht bekommt, muss keine Angst haben, vielmehr hat er*sie wohl großes Glück
überhaupt einen Wolf zu sehen. Menschen gehören nicht zum Beuterepertoire. Viel
gefährlicher sind, vor allem während der Frühjahrs- und Herbstzeit Wildschweine.
Insbesondere die Bachen sind während der Aufzucht ihrer Jungen schnell reizbar
und es kommt immer wieder zu Zwischenfällen mit Menschen.
Nutztiere stellen für den Wolf eine leichte Beute dar, sind sie doch weniger
scheu und lediglich durch einen Zaun geschützt.
Allerdings können die Halter*innen einen Antrag auf Entschädigung stellen,
sofern der Schaden innerhalb von 24h an das zuständige Landratsamt gemeldet
wurde und dieses in einer Rissbegutachtung zum Schluss kommt, dass ein Wolf als
Verursacher des Schadens nicht ausgeschlossen werden kann. Des Weiteren muss ein
Mindestschutz bei der Haltung von Schafen, Ziegen und Gatterwild eingehalten
werden. Das sind mindestens 90cm hohe, stromführende Elektrozäune oder
mindestens 120 cm hohe feste Koppeln aus Maschendraht oder ähnlichem Material.
Diese und weitere Maßnahmen zum Schutz der Tiere, wie ein Unterwühlschutz,
können gefördert werden. Auch wird die Anschaffung von sogenannten
Herdenschutzhunden wird gefördert.
Ein grundlegendes Problem ist natürlich, dass die Tierhalter*innen die Haltung
ihrer Tiere mit der Rückkehr des Wolfes von Grund auf ändern müssen. Wir müssen
lernen miteinander zu leben und das heißt auch zu akzeptieren, dass die
Wiederkehr von Wildtieren Auswirkungen auf unser Leben hat.
Für ein möglichst vorteilhaftes Zusammenleben für Wolf und Tierhalter*innen gilt
es im stetigen Dialog zu bleiben und gemeinsam nach weiteren
Verbesserungsmöglichkeiten zu suchen.
Auch viele Jäger*innen stehen der Rückkehr des Wolfes skeptisch gegenüber. Sie
fürchten scheues Wild und einen unverhältnismäßigen Eingriff durch den Wolf in
das Ökosystem.
Die Argumentation mit der Rückkehr der Wölfe würde vor allem das Schalenwild
scheuer und damit auch die Bejagung erschwert, erweist sich jedoch als nicht
haltbar. Wie Erfahrungen in Niedersachsen zeigen, gewöhnen sich Wolf und Wild
nach einiger Zeit aneinander. Auch die, im Rahmen einer Rotwild-Telemetriestudie
der TU Dresden durchgeführte Untersuchung, eines möglichen Einflusses des Wolfes
auf das Verhalten seiner Beutetiere, wurden keine großen Veränderungen im
Raumnutzungverhalten des Rotwildes festgestellt.
Zudem leistet der Wolf einen enormen Beitrag zum Erhalt des ökologischen
Gleichgewichts, in dem er vor allem kranke und schwache Tiere jagt. Da seine
favorisierte Beute, die Rehe, Hauptverursacher für den Verbiss an Jungpflanzen
sind, trägt er außerdem enorm zur Erholung der Vegetation bei.
Es darf nicht vergessen werden, dass der Wolf ein Wildtier – und damit immer
unberechenbar ist. Märchen und zu Unrecht geschürte Vorurteile sind jedoch beim
Umgang mit Wildtieren fehl am Platz.
Für uns als GRÜNE JUGEND ist klar. Wir wollen, dass der Wolf in Sachsen weiter
heimisch wird. Dafür bedarf es eines konsequenten Schutzes.
In Sachsen steht der Wolf, zwar mit ganzjähriger Schonzeit, immer noch im
Jagdgesetz. Wölfe dürfen jedoch, wie es immer wieder gefordert wird, auch auf
lange Zeit nicht gejagt werden.
Des Weiteren fordern wir eine Erweiterung der Ausbildung von Jäger*innen,
insbesondere in Bezug auf die Unterscheidung von Hunden und Wölfen.
Die Rückkehr des Graupelzes wird leider nicht von allen Menschen akzeptiert. Das
Wolfsbüro Lausitz zählt seit 2009 in Sachsen sieben illegal getötete Wölfe.
Wildbiologen vermuten jedoch eine höhere Dunkelziffer.
Wir sagen deutlich: Wilderei ist kein Kavaliersdelikt und darf nicht unbestraft
bleiben. Momentan findet in Deutschland lediglich durch das Lausitzer Wolfsbüro
eine Erfassung der getöteten Wölfe in Sachsen statt.
Wir fordern daher in Sachsen und auch auf Bundesebene eine zentrale und
kontinuierliche zusammenfassende Erfassung von Artenschutzverstößen.
Für eine verbesserte Aufklärung von Fällen von Wilderei fordern wir eine
eigenständige Stelle bei der Polizei in Sachsen, die auf Umwelt- und
Artenschutzkriminalität spezialisiert ist. In NRW gibt es eine solche Stelle
bereits.
Das Wolfsbüro Lausitz leistet seit der Rückkehr der Wölfe einen sehr guten
Beitrag zur Erfassung und Dokumentation der Verbreitung der Tiere und bietet
vielfältige Angebote an, um Menschen den Wolf näher zu bringen.
Um die gute Arbeit des Wolfsbüros auch auf Dauer zu erhalten, fordern wir eine
langfristige Fortschreibung der Mittel im sächsischen Doppelhaushalt.
Wir fordern zudem den Ausbau des Wolfsmonitorings in den Landkreisen und mehr
finanzielle Unterstützung hierfür.
Das Wolfsbüro leistet in Sachen Aufklärung gute Arbeit. Um die Ängste und
Bedenken gegenüber Isegrim abzubauen und Interesse zu wecken, bedarf es jedoch
mehr.
Wir fordern die Staatsregierung auf die Bevölkerung mit einer breite
Öffentlichkeitskampagne zur Rückkehr des Wolfes zu informieren und sich klar zu
dessen Schutz zu bekennen.
Wir fordern weiterhin eine kontinuierliche Zusammenarbeit der zuständigen
Beauftragten aus den Landkreisen, des Wolfsbüros, des Ministeriums und der
Jäger*innen und Tierhalter*innen, um ein möglichst gutes Miteinander leben von
Mensch und Wolf zu gewährleisten.
Es ist klar, dass die Rückkehr von wilden Tieren, wie dem Wolf, auch Veränderung
für unser Leben bedeuten muss, wenn wir Naturschutz konsequent denken.
Wir sind jedoch der festen Überzeugung, dass eine gute Nachbarschaft mit Isegrim
funktioniert, wenn alle Betroffenen im dauerhaften und konstruktiven Dialog nach
Lösungen für Probleme suchen.