Veranstaltung: | 1. Landesmitgliederversammlung 2018 |
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Tagesordnungspunkt: | 3. Leitanträge des Landesvorstandes |
Antragsteller*in: | GRÜNE JUGEND Sachsen Landesvorstand (dort beschlossen am: 29.01.2018) |
Status: | Eingereicht |
Eingereicht: | 29.01.2018, 15:14 |
L1: Demokratische Kultur fördern
Text
Wie stark eine Demokratie ist, bemisst sich daran, wie sehr Menschen hinter ihr
stehen und bereit sind, sich für sie einzusetzen. Gerade in Zeiten, in denen ein
immer stärkerer Rechtsruck in Europa zu spüren ist, und viele Regierungen ins
autoritäre tendieren, gilt es, Demokratie effektiv zu verteidigen und zu
stärken. Das bedeutet politischer Abläufe transparent zu machen, eine offene
Diskussionskultur und engagierte Zivilgesellschaft zu stärken, aber auch aktiv
Widerstand gegen rechte Hetze und minderheitenfeindliche Gesinnungen zu leisten.
Die lange Zeit, in der die sächsische CDU die Regierungsgeschäfte im Freistaat
gelenkt hat, hat ihre Spuren in der demokratischen Kultur Sachsens hinterlassen.
Die Regierung des Freistaats hat es über Jahre versäumt, die Menschen mit
einzubeziehen.
Bürger*innen werden paternalistisch behandelt: in einem zentralistischen
Demokratieverständnis sind weder ein ausreichend großes Maß an Information, noch
an Mitsprache gegeben.
Wir fordern, das Bürger*innen so früh wie möglich über Projekte, ob in ihrer
Nähe oder im Land, informiert werden und in die politische Ausgestaltung
miteinbezogen werden. So ist es zum Beispiel wichtig den Strukturwandel in der
Lausitz langfristig mit den Menschen vor Ort gemeinsam zu gestalten. Wie die
Zukunft nach dem Ende des massigen Braunkohleabbaus weiter gehen soll, können
Menschen, die davon nicht betroffen sind, nicht allein planen. Wir bekräftigen
unsere Forderung auf diese Weise mehr Bürger*innenbeteiligung möglich zu machen.
Größtmögliche Transparenz und der Wille, echte Beteiligung zu ermöglichen, sind
ein erster Schritt zu mehr Bürger*innenbeteiligung.
Das gilt nicht nur bei Bauvorhaben, sondern ebenso bei Gesetzesinitiativen.
Bürger*innen müssen die Möglichkeit haben, sich bereits vor dem Beschluss des
jeweiligen Parlaments eine Meinung zum jeweiligen Sachverhalten zu bilden. Nur
so können breite gesellschaftliche Debatten geführt werden.
Wir fordern zudem den Ausbau von E-Government-Plattformen. Die Online Plattform
www.buergerbeteiligung.sachsen.de ist eine gute Initiative, die allerdings nicht
mit Leben gefüllt wird. Wenn in der Staatsregierung und der Verwaltung nicht der
Wille zu mehr Beteiligung da ist, nutzt auch eine teure Homepage nichts.
Ein weiterer Schritt ist die Direkte Demokratie. Einen umfassenden Antrag hat
die GRÜNE JUGEND Sachsen bereits im Januar 2016 beschlossen. Kernanliegen für
uns ist es, die Hürden für das Zustandekommen von Volks- und
Bürger*innenentscheiden zu senken.
Wahlen sind ein wichtiges demokratisches Moment. Bei der Landtagswahl in Sachsen
2014 lag die Wahlbeteiligung jedoch nur bei 49,1% der Wahlberechtigten. Das ist
auch im Bundesvergleich ein enorm niedriger Wert für eine Landtagswahl. Es ist
falsch, nur eine Ursache für diese geringe Beteiligung ausmachen zu wollen - und
dennoch zeigt sich, dass viele Menschen diese Komponente des Teilhabens an
Demokratie nicht für besonders wichtig erachten oder wegen struktureller
Benachteiligung nicht wählen gehen. Sei es, ob sie am demokratischen System auf
Grund ihres Alters, ihrer Herkunft, Behinderungen, auf Grund fehlender
Ressourcen durch Mehrfachbelastungen in Berufs- und Familienleben oder einen
fehlenden Zugang zu Wissen, ausgeschlossen werden, es ist nicht unsere
Vorstellung von Demokratie, dass Menschen nicht mitmachen können. Dabei werden
aus dem gewählten Landtag eine Vielzahl Gesetze verabschiedet, die das
alltägliche Leben der Menschen in Sachsen direkt beeinflussen.
Es ist ein Anliegen der GRÜNEN JUGEND Sachsen die Wahlbeteiligung in Sachsen
langfristig zu steigern, und dabei für progressive und emanzipatorische Inhalte
zu begeistern. Die Diskussion, warum Menschen nicht wählen gehen und wie das
geändert werden kann, muss verstärkt werden. Eine hohe Wahlbeteiligung ist kein
Selbstzweck. Es kann nicht das Ziel sein, dass möglichst viele Menschen
uninformiert ein Kreuz setzen, sich aber sonst von demokratischen Prozessen
entfernen. Das Land Sachsen ist in der Pflicht, durch umfängliche
Informationsmöglichkeiten über politische Themen und Prozesse für die
Bürger*innen die sächsische Politik verständlich darzustellen.
Die Entscheidungen, die in politischen Prozessen getroffen werden, betreffen
zukünftige Generationen immens. Deswegen ist es wichtig, dass junge Menschen in
diese demokratischen Prozesse einbezogen werden. Jugendliche sollen an denen für
sie so wichtigen Angelegenheiten beteiligt werden.
Deswegen bekräftigen wir unsere Forderung nach einer Absenkung des Wahlalters
auf 14 Jahre. Junge Menschen sollen an politischen Entscheidungen durch Wahl
teilhaben können.
Die Beteiligungsmöglichkeit junger Menschen soll aber auch außerhalb von Wahlen
gestärkt werden. Dafür muss sich der Freistaat vor allem dafür einsetzen,
flächendeckend Jugendparlamente zu etablieren, um Jugendlichen einen festen Ort
für Mitsprache zu bieten. Diese sind auch mit Budgets auszustatten, um
handlungsfähig zu sein. Jugendparlamente müssen ein angemessenes Informations-
und Mitspracherecht erhalten. Außerdem soll Kinder- und Jugendpartizipation im
nicht institutionalisierten Rahmen gestärkt werden. Dafür sollen Träger der
Kinder- und Jugendhilfe gezielt Maßnahmen durchführen, um Beteiligungsprozesse
zu gestalten. Dies soll auch den Kommunalparlamenten und dem Landtag helfen
einen besseren Einblick in die Wünsche und Erwartungen junger Menschen an die
Politik zu bekommen.
Wir fordern, dass Jugendliche in den parlamentarischen Ausschüssen des Landtags
zu den sie betreffenden Belangen regelmäßig und umfassend angehört werden.
Sachsens Schüler*innen erzielen bundesweit sehr gute Ergebnisse in
naturwissenschaftlichen und mathematischen Fächern. Mit den Sachsen-Monitor 2016
wurde jedoch noch einmal verdeutlicht, wie es um die politische Stimmung und
Bildung auch unter jüngeren Leuten steht. 35 Prozent der 18- bis 29-Jährigen
waren der Meinung, "Juden versuchen heute, Vorteile daraus zu ziehen, dass sie
während der Nazi-Zeit die Opfer gewesen sind." 46 Prozent stimmten der Aussage
zu, "Muslimen sollte die Zuwanderung nach Deutschland untersagt werden." . Kurz
nach dem Sachsen-Monitor 2016 wurde Geschichte als Unterrichtsfach ab der
10.Klasse wieder verpflichtend. Das darf jedoch nicht die einzige Konsequenz
sein. Wir fordern, dass alle Lehrer*innen in Sachsen an
Antidiskriminierungsschulungen teilnehmen, sodass sie angemessen auf
diskriminierende Aussagen von Schüler*innen reagieren und sich selbst
reflektieren können.
Themen, zu denen Lehrer*innen kein Fachwissen erlernt haben und bei denen sie
sich unsicher fühlen, sollen von externen Trägern an der Schule unterrichtet
werden. Dazu gehören Diskriminierung, Ausgrenzung und Mobbing.
Schüler*innen sollen außerdem schon in der Schule an das demokratische System
herangeführt werden. Demokratisches Mitwirken am Schulalltag und die Erfahrung,
wirklich etwas bewegen zu können und einen Einfluss zu haben, beugen
Politikverdrossenheit vor. Die jetzige Schüler*innenmitwirkung ist ausbaufähig.
Oft sind Schüler*innen gar nicht über ihre Rechte informiert. Doch wir finden,
auch ihre jetzigen Rechte sind ungenügend. Sie wählen Klassensprecher*innen, die
dann in dem Schüler*innenrat beratende und wählende Funktionen haben. Wir
fordern, dass der Schüler*innenrat in wichtigen sie und die Schule betreffenden
Fragen nicht nur mitreden kann, sondern auch eigene Initiativen durchsetzen und
ein Veto-Recht gegenüber Entscheidungen der Schule hat. Dies soll insbesondere
für die Ausstattung der Schule, Umbauten und kommende Veranstaltungen gelten.
Die demokratischen Möglichkeiten der Teilhabe erschöpfen sich meist an der
Grenze der Staatsangehörigkeit. Wer die deutsche Staatsbürger*innenschaft nicht
besitzt, hat kein Recht an Wahlen teilzunehmen. Das gilt auch, wenn die Person
schon lange in Sachsen zu Hause ist. Seit einigen Jahren wird bereits darüber
diskutiert, das Kommunalwahlrecht für nicht deutsche Staatsangehörige, die ihren
Wohnsitz in Deutschland haben, zu öffnen. Die GRÜNE JUGEND Sachsen unterstützt
diese Idee. So können Menschen auf lokaler Ebene daran teilhaben, was in ihrer
Straße, ihrem Stadtteil oder ihrem Ort passiert.
Begründung
erfolgt mündlich